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Band
Releases
Songs
Press
Event
Sub Line
Shock Therapy
Number
16
Year
1994
Date
----.--.--
Written By
Achim Breitenbach

 

Shock Therapy
1984 war das berühmte Orwell Jahr. Für einen jungen Detroiter war es ein Anlaß, seine Kopfgeburt, die Band SHOCK THERAPY Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Ventil für seine Erfahrungen zu finden, die er in seinen Teenagerjahren in der amerikanischen Psychatrie sammelte. Er kanalisierte seine Aggressionen in Songs, rauh und authentisch und mit einem musikalischen Gebräu aus Industrial-Techno-Punk, seiner Zeit damals Meilen voraus. Zehn Jahre später entert er die Bühne im Hunky Dory im westfälischen Detmold, um diese Decade auch Live zu dokumentieren. Bester Laune präsentiert sich das Tier in ihm und seiner Band. Er provoziert, wirbelt wie ein Derwisch um sein Universum aus Angst, Haß und unverwüstlichem Optimismus, während einige hundert Augenpaare in Ehrfurcht diesen Ausbruch an Gefühlen verfolgen. SHOCK THERAPY sind das genaue Gegenteil von aufgesetztem Poser-Gehabe, welches einem heute bei den meisten Acts den Spaß verdirbt. Und im übrigen kann man nur raten: Mütter, holt eure kleinen Mädels vor den Konzertbühnen weg. Gregory John McCormick, auch kurz Itchy genannt, die intelektuelle Crossover-Ausgabe von "Beavis & Butthead" mit einem Schuß "Bart Simpson", malt den unschuldigen Töchtern der Stadt nach dem Gig schmutzige kleine Bildchen auf Bierdeckel, wobei der Phantasie freien Lauf gelassen wird. Das Detroiter Mastermind von SHOCK THERAPY läßt Mädchen erröten und umschifft mit Cpt. Morgan (Ami-Whisky) wieder mal jeden Trend. Seit 1984 kämpfen sie aufrecht gegen die Windmühlen der Ignoranz. 10 Alben pflastern Ihren Weg und zumindest ein Klassiker ebnet SHOCK THERAPY den Weg in die Gehörgänge jedes neuen Jahrgangs musikbesessener Kids. "Hate is just a 4 letter word" ist schon seit Jahren ein Tanzboden-Knaller und kaum noch aus dem Programm diverser Indie-DJs wegzudenken. Doch ein musikalisches Denkmal kreiert zu haben, kann auch ein Fluch werden.
Wir fragten den Meister selbst, was er davon und noch von anderen Sachen hält.
Weißt du, Jerry Lee Lewis haßt "Great Balls Of Fire". Wir müssen "Hate" auf jeder Tour spielen, weil das Publikum es so will. Mich langweilt es zu Tode. Als ich den Song schrieb, basierte er auf einen Traum, denn zu der Zeit war ich depressiv und lebte in einem eigenen Ghetto. Das ist Vergangenheit. Ich hasse die Vorstellung. daß die Kids nur wegen "Hate" kommen und sich die anderen Songs nicht anhören. SHOCK THERAPY hat bessere Sachen auf Lager. Man sollte die DJs aufhängen.

Itchy, eure Live-Gigs sind wesentlich härter, als die Sachen auf den Studioalben. Alles Absicht?
Das kommt von unserem seltsamen Aufnahme-Habitus. Wir sind nicht die Rolling Stones oder eine von diesen Knotecombos, die sich alles leisten können. Unser Budget ist mager, 50% von dem was du hörst sind Samples. Daher kommt der synthetische Sound, außerdem bin ich Perfektionist. Ich mag es, wenn SIIOCK THERAPY so clean klingen wie Devo oder Kraftwerk. Da ich Klavier studiert habe, habe ich einen Hang zu klaren Klängen. Beethoven hatte auch keinen Distortion. Der Sound muß so rein und dynamisch wie möglich sein. Ich kann diese scheppernden und krachenden Aufnahmen nicht ausstehen. Es ist ein langer Weg, die Songs so zu mixen, ohne Kompromisse zu machen oder die Härte und Integrität des Songs zu beeinflußen.

Kann man SHOCK THERAPY als Band bezeichnen, die sich eher auf Themen von der düsteren, bösarigen Seite des Lebens bezieht? Würdest ihr eure Ausstrahlung auf euer Publikum als düster und bedrohlich sehen?
Vielleicht einige unserer ersten Stücke. "Shake Or Believe" war ein reines Drogenalbum, SHOCK THERAPY on Acid. Wir hatten damals beschlossen. im Studio zu ‚fliegen, um auszutesten, was mit uns und der Musik passiert. Von dem Trip sind wir allerdings längst runter. Die letzten Sachen sind wesentlich positiver. Unsere Betrachtungsweise ist neutraler geworden, ausgewogener in dem Sinne, daß nicht nur die absolute Depression oder im Gegenzug Euphorie zum Tragen kommt.

Was denkst du über die Szene in den USA und eure Akzeptanz dort?
Die USA sind ein schlechter Witz. Die Musikszene ist fuckin boring. Wenn man mich ärgern wollte, müßten sie nur unsere Videos auf MTV spielen. Die Leute dort haben keinen blassen Schimmer, was Musik eigentlich ist. MTV hat alles kaputt gemacht. Warum bin ich in Europa? Wir haben letzte Woche in Detroit gespielt. 200 Leute kamen, standen dumm vor der Bühne und glotzten wie die Ölgötzen, weil sie nicht kapierten, was wir da veranstalten. Überhaupt die USA. Clinton ist ein fettes Sackgesicht, ein perfekter MTV-President. Total konturlos. Wenn ich genügend Knete hätte, würde ich von dort verschwinden. Am liebsten nach Insbruck, da könnte ich dann Ötzi dem Schneemenschen am nächsten sein. Wenn ich Präsident sein könnte, würde ich die gesamte Regierung absetzen. Ich würde eine auf Faulheit basierende Wirtschaft aufbauen. Die Leute sind schlau genug, um auf sich selber aufpassen zu können, kleine Comunities, die sich selbst versorgen.

Euer neues Album trägt den Titel "Heaven And Earth". Kommt es deinem Lieblingsalbum "Cancer" nahe?
Es ist ähnlich. "Heaven And Earth" ist die Balance zwischen Gut und Böse. Heaven ist die ultimativ positive Kraft, Earth der negative Gegenpol. Als Mensch schwebst du andauernd in dem Sog beider Pole. Es sollte jeder eine Balance finden, um das Leben zu meistern. In diesem Sinne ist auch das Album zu verstehen. Straight durch die Mitte. "Heaven And Earth" ist ein außerordentlich vielschichtiges Album geworden. Die Songs sind sehr unterschiedlich, aber in Ganzen ergeben sie eine Einheit. Das Prinzip von "Heaven And Earth" ist die Bedeutung der Songs zu einer Aussage zu verschmelzen.

Itchy, wenn du morgen in einen Laden gehen müßtest, welche CD würdest du kaufen?
Muß ich wirklich? Ich denke, wenn man mich zwingt, würde ich "Porcupine" von Echo & The Bunnymen oder das erste Album von Tubeway Army kaufen. Wenn übrigens irgendein netter Mensch mir eine Freude machen will, ich habe beide nicht und ich würde mich riesig freuen, wenn sie mir wer schicken könnte.

Was hälst du von Bands wie Ministry und Co, alles Poser?
Nicht sehr viel. Al Jourgensen sollte eigentlich "Cancer" abmischen. Der Deal war 1.500 Dollar pro Track. Ein bißchen viel für teilweise 2-Minuten-Songs. Ich habe eine Zeit in Chicago gelebt und hatte damals auch viel Kontakt zu Al Jourgensen. Er sagte uns, schickt eure Bänder zu Wax-Records und schreibt drauf, zu Händen AI. Klasse Idee, seine Songs der Gnade eines unterbezahlten Postbeamten auszuliefern. Ich habe gehört, daß zu den Ministry-Konzerten in Deutschland auch Fans mit SHOCK THERAPY T-Shirts kommen, das wird ihn bestimmt mächtig freuen!

Ihr nehmt hier im Hunky Dory in Detmold live auf. Ist das euer einziger Mitschnitt auf der Heaven and Earth-Tour?
Ja, das Publikum ist hier das beste in Deutschland. Beim letzten Gig in Detmold standen zwei Punks direkt vor der Bühne und hauten sich im Rhytmus zur Musik ins Gesicht und freuten sich zu Tode dabei. Das fand ich verdammt cool. Im übrigen muß ich der Welt noch eine schockierende Tatsache mitteilen: Glenn Danzig smokes ham !!!
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